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Aus der Traum vom konservativen Durchregieren
Garantiert ein Irrtum, davon sollten wir ausgehen, zumal die Vier-Millionen-Metropole auch heute wieder typisch laut vor sich hintönt, dazwischen unglaublich nervige Geräusche, die in der Ferne manch merkwürdige Assoziationen verursachen. Aber dies sollte für den Moment irrelevant sein. Schließlich gilt es doch, die Wahl für sich zu entscheiden. Nur wie, fragte sich der leicht nach vorn gebückte Politiker. Überall dieses Mißtrauen, welches ihm zum Höhepunkt des Wahlkampfes entgegenschlug. Schwamm drüber, hatte seine Ehefrau neulich abends bemerkt. Nur, so leicht geht das nicht, kaum erwidert, verließ sie pikiert den Raum. Rums, Türenknallen. Welch blöder Ausgang.
Gegen fünf Uhr morgens aufwachen, zu plötzlich aus dem Tiefschlaf gerissen. War da ein Reststück eines Traumes noch vorhanden? Grübelnd ins Badezimmer schlürfen, der Klodeckel schepperte beim Fallenlassen, Susanne fluchte laut ob des Lärmes, wollte sich später beim kurzen Frühstück weiterhin nicht darüber beruhigen, wie schusselig er doch war. Solch Vorwürfe perlen bei ihm schon länger ab, es hilft nicht viel, Gegenargumente aufzufahren. Erleichterung im Gesicht, als der Chauffeur schließlich klingelt. Ab zum nächsten Termin.
Sie wissen schon, um was und wen es sich hierbei handelt? Einerlei, die Tage stehen gewisse Veränderungen an mitten im Herzen Europas. Ein weiter so wurde viel zu lang geduldet, dadurch konnten erst jene Nazis erstarken, schließlich entfernten sich genau diese aus der Union, für die sowieso die Männerdomäne in letzter Zeit zu kurz kam. Dem Herrn im Haus der Garaus? Und jene linksgrünversifften erhalten Oberwasser? Dies galt es zu stoppen, so die Argumentation.
Die Truppe des „Wir sind das Volk“ bestimmt den Verlauf, der abstruse Formen annimmt. Anstatt sich einig zu sein, wollen manche mit allen Mitteln an die Macht. Das Ergebnis läßt nicht lange auf sich warten. Es treten jetzt mehrere Parteien an, die ihr eigenes Nazi-Süpplein kochen. Das bekommt er nun in aller Deutlichkeit zu spüren. Vor einem Vierteljahr schwebt er noch auf Wolke Sieben mit fast dreißig Prozent in den Prognosen. Und jetzt?
Die Felle schwimmen davon, ausgerechnet den Sozen trauen die Wähler. Na sowas?! Obendrein lechzen jene ollen SED’ler, um mitreden zu können in einem eventuellen Koalitionsbündnis. Das geht gar nicht. Rote-Socken-Kampagnge hervorholen wird allzu schnell durchschaut. Was tun? Ratlosigkeit bei seinen Parteikollegen. Der Chauffeur öffnet die Autotür, er versucht, elegant auszusteigen. Mißlingt natürlich, mehr Bewegung täte gut. Nur wann? Hauptsache meine Argumente finden Beachtung. Kopfnicken beim Triell. Nicht seitens der Zuschauer, sondern im Off vom Parteikollegen. Das demoralisiert ihn, weil am nächsten Tag die Medien erneut ihn rügen. War’s das? Abwarten, die BTW steht noch bevor.
Lotar Martin Kamm